
Der ZX Spectrum von Retro Games Ltd. – Nostalgie in Originalgröße
Das dürfte der erste Mini-Rechner sein, über den ich auf meinem Blog berichte – obwohl sich alle anderen Geräte dieser Kategorie ebenfalls in meiner Sammlung befinden. Da der ZX Spectrum der zweite Computer war, mit dem ich mich intensiv beschäftigt habe, kann ich diesen Emulator von Retro Games Ltd. natürlich nicht ignorieren.
Doch der Begriff „mini“ ist in diesem Fall eigentlich fehl am Platz, denn der „The Spectrum“ hat die gleichen Abmessungen wie das Original. Statt des ikonischen „Sinclair“-Schriftzugs steht auf dem Gehäuse jedoch „Retro“. Damit der Rechner ein realistisches Gewicht hat, wurden im Inneren Metallgewichte verbaut – ein kleines, aber wirkungsvolles Detail.
Anschlüsse und Design
Die Rückseite des Geräts bietet zahlreiche Anschlüsse, die den modernen Bedürfnissen angepasst wurden. Besonders praktisch ist der USB-Anschluss zur Stromversorgung, der sich auf der linken Seite befindet. Ein Netzteil, wie man es für den Raspberry Pi nutzt, reicht hier vollkommen aus. Daneben findet sich der HDMI-Ausgang und ein Netzschalter, sodass das Stromkabel nicht ständig ab- und angesteckt werden muss.
Es gibt vier USB-Anschlüsse, die unter anderem für USB-Sticks (zum Laden von Spielen und ROMs) und Controller verwendet werden können. Ganz rechts befindet sich der Home-Button, der den Zugriff auf das Spiele-Karussell und andere Systemmenüs ermöglicht.
Spieleangebot
Nach dem Einschalten präsentiert sich ein moderner Startbildschirm mit einem Karussell aus 48 vorinstallierten Spielen. Diese Auswahl reicht von Klassikern wie The Lords of Midnight, Manic Miner und The Hobbit bis hin zu modernen Titeln, die von der aktiven Speccy-Fanszene entwickelt wurden. Zu den Highlights zählen der Top-Down-Sci-Fi-Blaster Alien Girl: Skirmish Edition und das charmante Grabräuberspiel Shovel Adventure.
Sollte der eingebaute Vorrat an Spielen nicht ausreichen, können Spectrum-ROMs über einen USB-Stick geladen werden. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten: Viele ROMs sind urheberrechtlich geschützt, und die Legalität des Herunterladens kann fragwürdig sein. Vertrauenswürdige Quellen wie World of Computing und Spectrum Computing bieten jedoch Archive mit lizenzfreien Spielen an.
Ein kleiner Wermutstropfen: Das verwendete ROM ist kein Sinclair/Amstrad-ROM, was zu Kompatibilitätsproblemen führen kann. Dieser Umstand lässt sich jedoch beheben, indem man das Original-ROM in einem bestimmten Ordner auf dem USB-Stick hinterlegt.
Der entsprechende Ordner auf dem USB-Stick muss heißen THESPECTRUM\ROMS
Die Bezeichnungen für die ROMs lauten:
16K / 48K: 48.rom (ein einzelnes 16K ROM)
128K: 128-0.rom und 128-1.rom (zwei 16K ROMs)
+2A: plus3-0.rom + plus3-1.rom + plus3-2.rom + plus3-3.rom (vier 16K ROMs)
Tastatur
Die Tastatur ist ein zentrales Element dieses Emulators – und sie funktioniert! Das Tippgefühl erinnert an das Original, auch wenn es etwas schwammig ist. Der Sound der Tastenanschläge kann auf Wunsch ein- oder ausgeschaltet werden. Besonders positiv ist, dass das Tippen von BASIC-Programmen problemlos möglich ist – ein klarer Vorteil gegenüber PC-Emulatoren, bei denen man sich erst an ein ungewohntes Tastaturlayout gewöhnen muss.
Dennoch gibt es kleine Abweichungen: Die Beschriftung auf und um die Tasten weicht leicht vom Original ab, vermutlich um Probleme mit Rechteinhabern zu vermeiden. Zudem sind die Tasten minimal kleiner (ca. 0,3 mm), was jedoch kaum ins Gewicht fällt.
Während eines Spiels kann mit HOME + MENU (auf dem Game Controller) auf der rechten Seite des Bildschirms eine virtuelle Tastatur eingeblendet werden.

Joystick-Unterstützung
Der Emulator unterstützt zwei USB-Controller, die sich individuell konfigurieren lassen. Theoretisch sollten alle USB-Joysticks und -Gamepads kompatibel sein. Lag ist kaum spürbar – was angesichts der ohnehin etwas ruckeligen Darstellung des ZX Spectrum keine große Rolle spielt.
Ich verwende einen Rii Gaming Controller, der auf einer Seite ein „normaler“ Controller ist und auf der anderen Seite eine kleine Tastatur und ein Mauspad bietet. Zwischen beiden kann umgeschaltet werden und somit ist es auch möglich, ein Adventure mit dem Controller zu spielen.


Video und Audio
Beim ersten Start des Geräts wird man aufgefordert, zwischen einer Bildwiederholrate von 50 Hz und 60 Hz zu wählen. Die Darstellung erfolgt entsprechend skaliert und ohne Interferenzmuster oder Moiré-Effekte. Besonders beeindruckend ist die flüssige Wiedergabe von horizontalem Scrolling – ein wichtiger Punkt für Demos und Spiele.
Sollte die Ausgabe nicht per HDMI erfolgen, wird z.B. ein HDMI-zu-VGA-Adapter mit 3,5-mm-Audio-Splitter benötigt.
System und Features
Spiele können von einem USB-Stick geladen werden, der mit FAT-32 formatiert ist. Wichtig: Die Anzahl der Dateien in einem Ordner sollte 256 nicht überschreiten. Statt tausender Spiele empfehle ich ohnehin, sich auf eine persönliche Auswahl zu konzentrieren. Es werden folgende Dateien unterstützt:
- Kassette: .tap .tzx .pzx
- Cartridge: .rom
- Snapshot: .szx .z80 .sna
- Playlist: .m3u
Der Emulator bleibt den technischen Limitierungen des Originals treu – Spiele laufen mit den typischen 3,5 MHz. Eine Beschleunigungsfunktion gibt es nicht, jedoch bietet das Gerät eine praktische Rückspulfunktion.
Besonders schön: Jedes Spiel zeigt vor dem Start den illustrierten Ladebildschirm des Originals – ein nostalgischer Moment, der das Warten auf das Laden des Spiels in Erinnerung ruft.
Ist ein Spiel gestartet und wird es mit der HOME-Taste unterbrochen, wird es oben rechts am Bildschirm mit einem kleinen Symbol angezeigt. Das Spiel kann dann, bis ein anderes gestartet wird, mit Enter jederzeit wieder weiterverwendet werden.
Ist ein Spiel unterbrochen, kann es mit A auch einem Speicherslot zugewiesen und somit zu einem anderen Zeitpunkt an der entsprechenden Stelle wieder fortgesetzt werden.

Klassischer Modus
Es kann auch ein klassischer Modus gestartet werden (→ Menü → erweiterte Einstellungen → klassischer Modus, der den normalen Startbildschirm des ZX Spectrum anzeigt. Hier ist es möglich, ganz normal ein Programm einzugeben und dieses zu laden und zu speichern (USB-Stick nötig). Wird ein Programm z. B. mit SAVE „Spiel“ gesichert, wird auf dem USB-Stick eine Datei mit dem Namen „Spiel_WR“ erstellt. Das ist eine TAP-Datei und WR bedeutet, dass sie writbable (schreibbar) ist. Diese kann später wieder geladen werden – dazu die Datei bei den Medien auswählen und einfach starten oder den klassischen Modus starten und mit LOAD““ laden.

THE MICRODRIVE
Bereits kurz nachdem THE Spectrum auf den Markt gekommen ist, hat die Community begonnen, Zubehör für das Gerät zu entwerfen. Ein besonderer Höhepunkt ist THE MICRODRIVE von Ronny Simpson aus England. Dieser USB-Reader ist im Design dem originalen Microdrive von Sinclair ebenso nachempfunden worden wie auch der USB-Stick, der den Microdrive-Cartridges ähnelt. Das mitgelieferte USB-Kabel ist sehr knapp bemessen, wodurch das Gerät nur an der linken Seite des THE Spectrum platziert werden kann. An der Front ist eine LED angebracht, die ihre Farbe entsprechend der Benutzung ändert. Da bei meiner ersten Lieferung im Inneren des Geräts etwas locker war, musste es ausgetauscht werden. Großes Lob an Ronny für den tollen Support.
Firmware-Update
Retro Game Ltd. bietet immer wieder Firmware-Updates für seine Produkte an. Zur Zeit meines Artikels ist Version 1.0.3. aktuell, mit der einige Fehler aus der Anfangszeit behoben wurden. Das Update ist sehr einfach durchzuführen, dennoch sind ein paar Kleinigkeiten zu beachten. Wichtig ist, dass ein richtiges Netzteil mit mindestens 2 Ampere verwendet wird und der THE SPECTRUM nicht z. B. von einem USB-Anschluss eines Fernsehers mit Strom versorgt wird. Daneben sollte der USB-Stick in der Buchse direkt neben dem HDMI-Anschluss angeschlossen werden und auch nicht in einem USB-Hub stecken. Ein zweiter Controller sollte nicht angesteckt sein.
Das Update kann von der entsprechenden Website heruntergeladen und auf einen USB-Stick kopiert werden. Nachdem alles vorbereitet ist, muss im Menü → Optionen → erweiterte Optionen → System Information aufgerufen werden. Der Rest erklärt sich von selbst.
Fazit
Der „The Spectrum“ ist ein tolles Gerät für alle, die mit dem ZX Spectrum aufgewachsen sind. Sicher, es gibt kostenlose Emulatoren im Internet – doch nichts ersetzt das Gefühl, eine Reproduktion des Originals in den Händen zu halten. Die legendären Gummitasten, das authentische Design und die Möglichkeit, alte Spiele in ihrer ursprünglichen Form zu erleben, machen diesen Emulator zu einem Muss für Retro-Fans.
Links
The Spectrum review – a tactile trip to the 1980s | Games | The Guardian
Review: The Spectrum is a brilliant way to relive or discover an icon of British gaming history | VGC
Update The Spectrum firmware
PS5 Pro And Xbox Series X|S Outsold By ZX Spectrum This November In Spain