Die Joyce von Amstrad/Schneider ist heute weit weniger bekannt als die CPC-Heimcomputer der gleichen Firmen, obwohl sie in den 80er Jahren ein Verkaufsschlager war. Im Jahr 1985 als der CPC664 und kurz darauf der CPC6128 auf den Markt kamen, wurde im Herbst die Öffentlichkeit mit einem weiteren Gerät überrascht: der PCW 8256. Die Abkürzung steht für Personal Computer for Word Processing, »8« für die achte Computerreihe und »256« für 256 KB Speicher. In Deutschland wurde der Rechner von Amstrads Partner, der Schneider Rundfunkwerke AG unter dem Namen Schneider 256K PersonalComputer JOYCE (kurz JOYCE) vertrieben. JOYCE war der Name von Alan Sugar’s (der Besitzer von Amstrad) erster Sekretärin.
Das Komplettsystem, Monitor (mit Rechner), Tastatur, Drucker und Softwarepaket , das als Personalcomputer beworben wurde, kostete zum Start in Deutschland ca. 2.000 DM und damit nur ein Zehntel dessen, was vergleichbare Geräte (z.B. von Minolta) kosteten.
Als Software lagen dem PCW CP/M Plus (Vollversion), das Textprogramm Locoscript, die Makroassembler MAC/RMAC von Digital Research, Mallard-BASIC (Microsoft BASIC war auch im Gespräch, war aber zu langsam) und Logo (ebenfalls DR) bei.
Wie bei den Rechnern von Amstrad/Schneider üblich wurde ein mit 4 MHz getakteter Z80 Prozessor eingesetzt. Dieser war zwar nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit, aber mit einem Einkaufspreis von 1 Pfund/Stück unschlagbar günstig. Mit einer Auflösung von 720 x 256 Pixel und 90 Zeichen pro Zeile bot die Joyce bessere Werte als ein viel teurer IBM-PC der ersten Generation. Weil ein Teil des Hauptspeichers als RAM-Floppy verwendet wurde, war auch die Geschwindigkeit höher als bei PC’s bei denen diese Funktion nicht so einfach umzusetzen war.
Der Drucker war ein solider 9-Nadel-Drucker von Seikosha (gekürzter SP800) für den es heute noch Farbbänder zu kaufen gibt.
Schnell wurde entdeckt, dass die Joyce leicht erweiterbar war. So sind bereits Sockel für weitere 256 KB vorhanden und ein zweites Laufwerk ist schnell angeschlossen.
Auf der CeBIT’86 wurde die Joyce 8512 vorgestellt, mit 512 KB Speicher und einem zweiten Diskettenlaufwerk mit einer Kapazität von 706 KB, dazu gab es noch eine parallele und serielle Schnittstellenerweiterung.
CP/M als Betriebssystem war natürlich ein Glücksfall, liefen dadurch einige der bekanntesten Programme auf der Joyce: WordStar, Multiplan, SuperCalc2 und dBASE. Der Preis für die 8256 wurde auf 1.300 DM gesenkt und die neue 8512 kostete 2.000 DM.
Zubehör wurde auch von anderen Firmen produziert – Speichererweiterungen oder 3,5- und 5,25-Zoll-Laufwerke, SchneiderData bot einen hochwertigen Typenraddrucker an und aus England gab es einen Lightpen. Im Sommer 1986 wurden in England ca. 20.000 Geräte pro Monat verkauft.
Software kam aus allen Richtungen, CBASIC von DR, C und Pascal von Hisoft, Masterfile III, TurboBasic, ProPascal, Profortran, Microdraft, Colossus 4 usw.
1987 wird die Joyce auch in Frankreich und Spanien immer beliebter und noch mehr Software kommt auf den Markt wie z.B. Protext, TAS, BCL-Compiler, Magazine Maker, Pascal80, Tasword8000.
Leider hatte Schneider in Deutschland die Joyce in dem Jahr schon abgeschrieben, vermutlich zugunsten des günstigen Schneider PC1512. Trotzdem lebte das System weiter und es gab weiterhin neue Software und Hardware, darunter auch Festplatten und LocoScript erschien in Version 2
Schlecht war für Amstrad eine Klausel im Vertrag mit Schneider, der besagt, dass bis 1988 nur Schneider in Deutschland Amstrad-Computer verkaufen darf.
1988 tauchten ersten Programme für DTP auf wie z.B. The Fleetstreet Editor Plus, Newsdesk International, The Dektop Publisher, Stop Press oder MciroDesign 3
Amstrad musste in Deutschland wegen oben erwähnter Klausel einen eigenen Vertrieb aufbauen und die Joyce wurde nochmal im Preis gesenkt. Der neue PCW 9512 war schon ein halbes Jahr zuvor in England vorgestellt worden.
Hier noch Anmerkungen zu den Diskettenlaufwerken im Joyce 8512:
1. Laufwerk: 180K – 40 Tracks, single sided double density, 512 Byte Sektoren, 9 Sektoren pro Track; Single-Sided Disketten können gedreht werden, um beide Seite zu verwenden – also 360K gesamt.
2. Laufwerk: 720K – 80 Tracks, double sided, double density, 512 byte Sektoren, 9 Sekoren pro Track, die Disketten können nicht gedreht werden – bzw. sie können es schon, was aber nicht sinnvoll ist, da sich die Tracks überlappen.
Ich suchte einige Zeit nach Informationen zu den Disketten für das zweite Laufwerk, was gar nicht so einfach war. Einer der großen Lieferanten für 3“-Disketten war Amsoft. Diese wurden normal mit CF2 (Compact Floppy Disk) bezeichnet (180K pro Seite) bzw. CF2-DD (720K).
Amsoft verkaufte diese Disketten zu unterschiedlichen Preisen, mit verschiedenen Labels (720K: blaues Label) – und jetzt kommts: die Disketten hatten keine Unterschiede! Die günstigen CF2-Disketten können auch mit dem 720K-Laufwerk verwendet werden.
Warmstart: [SHIFT] [EXTRA] [EXIT]
Fakt: Insgesamt wurden 8 Millionen Geräte dieser Produktreihe verkauft, was äußerst beachtlich ist!
In meiner Sammlung befinden sich zwei Geräte:
– Joyce 8256 – eines der älteren Modelle bei dem noch die Drahtbrücke für die Speichererweiterung nötig war (die auch eingebaut wurde) und statt dem 3“ Zoll Laufwerk wurde ein passendes Gotek-Laufwerk eingebaut
– Joyce 8512 – im Originalzustand – die Laufwerke wurden mit neuen Riemen ausgestattet und funktionieren nun wieder tadellos.
Leider fehlt mir bisher der Originaldrucker zu diesem System.
Linksammlung
Joyceforum.de
PCW Wiki (spanisch)
http://www.retroisle.com/amstrad/pcw/software.php
http://public.cpcwiki.de/index.php?dir=Computer/Amstrad_PCW/Applications/
http://www.joyce.de/story/
http://www.joyce.de/tips/tips.htm
http://www.fvempel.nl/upgrade.html
Schneider Joyce PCW 8512 – Teil 1 (lord-luxors-retrogalerie.de)
Hi,
dass die Schneider JOYCE in Deutschland als reines Schreibsystem beworben wurde, ist ein Gerücht, das sich (leider auch durch die ständige Wiederholung wie hier) hartnäckig hält. Das ist aber schlicht falsch. Es wurde in allen mir bekannten Werbeanzeigen als vollwertiger Computer zum (damals) sensationellen Preis beworben. Siehe z.B. hier:
https://www.kepfeltoltes.eu/images/2019/01/3110979.jpg
Ansonsten: tolles Gerät. Steht bei mir auch rum. 😀
Grüße
Timo
Hallo Timo,
vielen Dank für den Hinweis. Leider wird das tatsächlich mehrfach wiederholt. Ich habe meinem Text entsprechend korrigiert. Außerdem habe ich – falls das OK ist – die Seite aus dem OTTO-Katalog zu meinem Bildern hinzugefügt.
Grüße
Jungsi