Nach dem Atari VCS 2600 ist nun auch die zweite Atari-8-Bit-Konsole, die Atari 7800, in meiner Sammlung. Sie folgte dem Atari 5200, der 1983 vom Markt genommen wurde, und wurde erstmals im Juni 1984 veröffentlicht. Warner, die Muttergesellschaft von Atari, hatte bereits im Sommer 1981 General Computer Corporation beauftragt, Arcade-Spiele für Atari zu entwickeln. Im Herbst 1982 begann die Entwicklung der GCC-Konsole unter dem Namen Spring, basierend auf dem Intel 80186 Prozessor. Anfang Januar 1983 wurde dieser Plan jedoch aufgegeben, und die Entwicklung von MARIA, dem Grafikchip der neuen Konsole, begann. Die Entwickler waren Art Ng und Steve Golson sowie weitere Chip-Designer von GCC und der Atari Semiconductor Group. Spring wurde in Maria umbenannt, fand über Warner seinen Weg zu Atari und wurde zunächst in CX3600 umbenannt. Einer der Entwicklungsnamen war angeblich Atari 9000 Video Computer System. Der neue Chip konnte bis zu 100 verschiedene Sprites bewegen.
Zum damaligen Zeitpunkt verkaufte sich die Atari 2600 noch recht gut, war jedoch technisch den Konkurrenzprodukten Mattel Intellivision und Colecovision deutlich unterlegen. Das Atari 5200 blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Die Entwicklung des Grafikchips zog sich hin und benötigte mehrere Überarbeitungen: Im Juli 1983 der GCC-1701 (mit vielen Fehlern), im Oktober 1983 der GCC-1702 (mit weiteren Fehlern) und schließlich im April 1984 der GCC-1702B (fehlerfrei). Der Name GCC-170x lehnte sich an das Raumschiff Enterprise mit der Bezeichnung NCC-1701 an 😉 Nach diesen Entwicklungen begann die Produktion und die Konsole wurde in Atari 7800 ProSystem umbenannt. Die erste ausgelieferte Version verfügte noch über einen Erweiterungsbus auf der linken Seite, an den später ein Computer-Upgrade, ein Laserdisc-Player, ein Drucker oder ein Diskettenlaufwerk angeschlossen werden sollte.
Die von General Computer Corporation entwickelte Highscore-Cartridge zur Speicherung von Punkteständen kam nicht über das Prototyp-Stadium hinaus. Das Presseecho war durchweg positiv und viele sahen beim 7800 mehr Potenzial als beim NES.
Nach der Übernahme der Heimcomputersparte Ataris durch Jack Tramiel wurde die Konsole nach nur 45 Tagen im Handel vorerst eingestellt. Der Grund dafür war anscheinend, dass nicht klar war, wer den Mitentwickler GCC ausbezahlen soll – Atari oder Tramiel. Erst 1986 wurde die Konsole erneut – ohne Erweiterungsbus – auf den Markt gebracht. Zu diesem Zeitpunkt war das NES in den Verkaufszahlen bereits weit enteilt. Wenigstens konnte noch das Sega Master System bei den Verkäufen in die Schranken verwiesen werden.
Ursprünglich wollte Atari die 7800 in Europa nicht veröffentlichen und setzte stattdessen auf das XE Games System. Aufgrund der Kritik von Branchenspezialisten überlegte es sich Atari nochmal anders und erreichte in England zeitweise einen Marktanteil von 50 %. Die PAL-Version wurde in Atari 7800 umbenannt, enthält das Spiel Asteroids und wurde in Europa mit dem Gamepad CX78 verkauft. Für die NTSC-Version in Nordamerika war Missle Command geplant, wurde jedoch nicht verwirklicht und als Controller war der ProLine Joystick dabei.
Die Verkäufe in den USA lagen bei 3,7 Millionen Geräten.
Atari und Nintendo
Im April 1983 starteten die Verhandlungen zwischen Atari und Nintendo. Währenddessen präsentierte Nintendo einen Prototyp ihrer Konsole sowie die nahezu fertiggestellten Spiele Donkey Kong und Popeye. Atari wurde die Möglichkeit geboten, bis zu 150.000 Platinen zu erwerben, die in ihre eigenen Konsolen eingebaut werden konnten. Nach mehreren Treffen stand fest, dass Atari bis Weihnachten 1983 ausreichend Konsolen bereitstellen könnte. Jedoch musste der damalige Atari-Chef Ray Kassar aufgrund von Insiderhandel zurücktreten, und sein Nachfolger Jim Morgan nahm sich zunächst eine zweimonatige Auszeit. Nach seiner Rückkehr legte er alle Projekte für einen weiteren Monat auf Eis. Infolgedessen entschied sich Nintendo, den westlichen Markt ohne Atari zu erschließen. Es bleibt spekulativ, was geschehen wäre, hätte Atari das „NES“ auf den Markt gebracht.
System
Als Prozessor kommt im 7800 der Prozessor SALLY zum Einsatz, der vom MOS 6502 abgeleitet wurde. SALLY ist mit 1,79 MHz getaktet. Für die Kompatibilität zum Atari 2600 steht der Grafikchip TIA zur Verfügung, wird aber nur für die Tonausgabe und die 2600-Spiele benötigt. Der wichtigste Chip ist MARIA der von GCC und Atari Semiconductor Group entwickelt wurde. Übrigens ist TIA-MARIA ein jamaikanischer Kaffeelikör (typisch für die vielen ehemaligen MIT-Studenten bei GCC). Die Auflösung beträgt 320 × 200 Pixel und die Farbpalette 256 Farben, von denen 16 (manche Quellen sprechen von 25) gleichzeitig darstellbar waren. Bahnbrechend für die damalige Zeit war der doppelt gepufferte Speicher sowie direkter Speicherzugriff (DMA). Die Konsole besitzt 4 kB Speicher und die maximale Modulgröße ist 125 kB. Das BIOS der Module enthielt eine digitale Signatur und sollte die unlizenzierte Produktion billiger Spiele von Drittherstellern verhindern. Da der Sound nicht mit anderen Konsolen mithalten konnte, wurde für spätere Spiele der POKEY-Chip der Atari-8-Bit-Rechner oder das billigere Pendant GUMBY in die Spielmodule integriert – z. B. Ballblazer und Commando.
Hinweise
– die Harmony-Cartridge ist sowohl mit dem Atari 2600 als auch dem 7800 kompatibel
– aus einem unverständlichen Grund wurde beim Stromstecker kein Standard verwendet. Steht kein Original-Netzteil (9 Volt, 1 Ampere) zur Verfügung, kann auch ein anderes Netzteil verwendet werden. In diesem Fall muss aber die Buchse auf der Platine entsprechend getauscht werden. Bei dem Originalstecker ist bei Draufsicht (die „Nase“ befindet sich unten) links +9V und rechts Masse.
– aktuelle Informationen: im entsprechenden Forum auf AtariAge
– 7800XM: eXpansion Module – eine Erweiterung für die Konsole mit diesen Features: Highscore-Speicherung, 128KB RAM, POKEY-Chip, Yamaha 2151 Audiosynthesizer – die Auslieferung hat im April 2020 begonnen und die erste Auflage von 200 Stück ist ausverkauft. Erhältlich ist das XM ebenfalls über das AtariAge-Forum
Atari 7800 Top-Spiele
Während der Lebenszeit der Konsole wurden lediglich 80 Spiele veröffentlicht. Eine Killer-App wie Mario auf dem NES fehlte leider. Dies lag unter anderem an den damaligen Exklusivverträgen der Entwickler mit Nintendo. Aufgrund von Tramiels Finanzpolitik wurden viele Spiele nicht fertiggestellt, da die Verhandlungen während der Entwicklung zuungunsten der Programmierer geführt wurden, woraufhin diese ihre Arbeit niederlegten.
1. Double Dragon
2. Donkey Kong
3. Mario Bros.
4. Karateka
5. Water Ski
6. Ninja Golf
7. Ikari Warriors
8. Mat Mania Challenge
9. Dark Chambers
10. Plutos
11. Tower Toppler
12. Ace of Aces
13. Desert Falcon
14. Sirius
15. Barnyard Blaster
16. Xenophobe
17. Planet Smashers
18. Alien Brigade
19. Midnight Mutants
20. Xvious
21. Ballblazer
22. Commando
23. Food Fight
24. Scrapyard Dog
25. Ms. Pac-Man
Homebrew
Die bedeutendste Neuerung ist wohl das Expansion-Modul (XM), welches die zuvor entfernte Highscore-Funktion wieder einführt und zusätzlich mehr Speicher sowie einen verbesserten Soundchip bietet. Das Modul wird einfach zwischen die Konsole und die Cartridge gesteckt. So gibt es beispielsweise eine Version von Donkey Kong, die das XM nutzt und wahrscheinlich die beste Umsetzung für eine 8-Bit-Konsole darstellt.
– B*NQ
– Failsafe
– Frenzy
– Pac-Man Collection
Links
Atari Museum (englisch)
Atari Museum (deutsch)
Atari Age
The Atari 7800 Page
Atari 7800 Tech Page von Dan B.
Hallo,
für die Atari 7800 Konsole, gibt es ein neues Spiel: Rikki & Vikki. Da werden die Grafikfähigkeiten gut umgesetzt.
Viele Grüße, MiC
http://www.penguinet.net/Games/Rikki_Vikki/index.php
Hallo MiC,
vielen Dank für den Hinweis. Muss ich direkt bestellen.
Viele Grüße
Jungsi
Kennst du das Kultbuch zu Atari: https://meinkunstbuch.wordpress.com/2020/08/20/atari-kunst-und-design-der-videospiele/
Hallo,
ich habe letztens gelesen, dass der Grafikchip Maria sogar 25 aus 256 Farben gleichzeitig darstellen kann. 16 Farben sind es im Atari 2600- Modus (TIA).
Gruß MiC
Hallo,
danke für den Hinweis. Ich bin auch bereits ein paar Mal darüber gestolpert. Allerdings habe ich noch keinen eindeutigen Hinweis dafür gefunden, dass es tatsächlich so ist.
Grüße
Jungsi