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Sony HitBit HB-75P [Retro: MSX]

Letzte Aktualisierung am 31. Juli 2025 von Jungsi

Sony HitBit 75-P
Sony HitBit 75-P

Dieses Mal ergänzt ein etwas „exotischer“ Rechner meine Sammlung. Meine Wahl fiel auf einen MSX-Rechner, da auch diese Geräte von einem Z80 Prozessor angetrieben werden – wie in den Sinclair- und Schneider CPC-Rechnern.

1. Entwicklung und Markteinführung (Japan und international)

Der Sony Hit Bit HB-75 ist ein Heimcomputer nach dem MSX-Standard, den Sony im Jahr 1984 auf den Markt brachte. Als MSX-1-Modell basiert er auf einem Zilog Z80A-Prozessor mit 3,58 MHz Taktfrequenz. Der HB-75 wurde als Nachfolger des Sony HB-55 entwickelt und brachte gegenüber diesem Vorgänger Verbesserungen wie mehr RAM (64 KB statt 16 KB) und eine vollwertige Schreibmaschinentastatur. Sony stellte das Gerät in Japan im April 1984 vor. Der Einführungspreis in Japan lag bei ¥69.800. Sony war Teil einer Initiative mehrerer japanischer Elektronikunternehmen (u. a. auch Matsushita/Panasonic, Toshiba, Hitachi), gemeinsam mit Microsoft und ASCII Corporation den MSX-Standard als einheitliche Heimcomputerplattform zu etablieren. Die MSX-Standardisierung sollte dafür sorgen, dass Hard- und Software verschiedener Hersteller kompatibel sind – ähnlich wie bei einem Videorekorder alle Videokassetten passen sollten. Der Hit Bit HB-75 wurde in diesem Sinne von Sony als kompatibles MSX-System entwickelt, um am entstehenden MSX-Markt teilzuhaben.

International erschien der Sony HB-75 in mehreren lokal angepassten Varianten: In Europa wurde er ab September 1984 angeboten. Sony brachte länderspezifische Modelle heraus, darunter den HB-75D für Deutschland, den HB-75B (Großbritannien), HB-75F (Frankreich) und HB-75P (Pan-Europa). Diese entsprachen technisch weitgehend dem japanischen Original, waren aber an lokale TV-Normen (PAL/SECAM) und Tastaturlayouts angepasst. Die ersten MSX-Computer in Europa – darunter die von Sony – kamen allerdings mit einiger Verzögerung erst Ende 1984 auf den Markt. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Heimcomputerszene vieler Länder bereits etablierte Konkurrenzmodelle verbreitet, was den Marktstart erschwerte.

Sony HitBit-75P
Sony HitBit-75P

2. Marktstellung in Deutschland

In Deutschland wurde der Sony Hit Bit HB-75 ab Ende 1984 verfügbar gemacht, als Teil der ersten MSX-Markteinführung in Europa. Die Verfügbarkeit war anfangs begrenzt – bis April 1985 wurden insgesamt nur rund 100.000 MSX-Geräte in ganz Europa ausgeliefert, was auch in Deutschland zu einem eher schleppenden Start führte. Auf dem deutschen Heimcomputermarkt spielte der HB-75 daher nur eine Nebenrolle. Der erhoffte Durchbruch des MSX-Standards in Deutschland blieb aus: Bereits populäre Heimcomputer wie der Commodore 64, der Schneider (Amstrad) CPC und die Atari 8-Bit-Serie dominierten zu dieser Zeit den Markt und hatten etablierte Software-Ecosysteme. Hinzu kam, dass MSX-Geräte hierzulande relativ spät erschienen – just zu dem Zeitpunkt, als einige Hersteller schon die nächsten 16-Bit-Computer (z. B. Commodore Amiga, Atari ST) ankündigten.

Zielgruppe und Positionierung: Sony richtete den Hit Bit HB-75 wie alle MSX-Computer primär an Heimanwender, Einsteiger und technikaffine Hobbyanwender. In der Werbung wurde die einfache Bedienbarkeit und das universelle MSX-Konzept betont – etwa die Kompatibilität, nach dem Motto „Software für MSX läuft auf jedem MSX-Computer“. Durch die in ROM integrierten Anwendungen (Adressverwaltung, Notizen, Kalender) sollte der Computer auch Computer-Neulinge ansprechen, die sofort produktive Funktionen nutzen wollten, ohne erst Programme installieren zu müssen. In Deutschland wurde der HB-75 u. a. über Elektronik-Fachhändler und Kaufhäuser angeboten. Der Preis lag in einem ähnlichen Segment wie vergleichbare Heimcomputer – in Großbritannien kostete das Modell z. B. £299 im Jahr 1984 (entsprach damals etwa 1.000–1.200 DM). Dennoch blieb die Verbreitung des HB-75 in Deutschland überschaubar. Experten führen dies auf die starke Konkurrenz sowie eine relativ geringe Anzahl verfügbarer Softwaretitel in deutscher Sprache zurück. MSX-Computer erreichten insgesamt nie die Verkaufszahlen anderer Plattformen in Deutschland und Großbritannien, während sie in Japan, Spanien oder den Niederlanden deutlich erfolgreicher waren.

Konkurrenten: Hauptkonkurrenten des Sony HB-75 auf dem deutschen Markt waren der allgegenwärtige Commodore 64 (mit riesiger Spiele- und Nutzersoftware-Auswahl), der Schneider CPC 464 (ebenfalls mit farbigem Bildschirm und vielen Anwendungen) sowie in kleinerem Maße der Sinclair ZX Spectrum und andere 8-Bit-Systeme. Gegenüber diesen bot der HB-75 zwar technische Vorteile wie einen erweiterten BASIC-Befehlssatz und standardisierte Anschlüsse, konnte aber mangels Marktakzeptanz diese Stärken kaum ausspielen.

3. Technische Daten des Sony Hit Bit HB-75

Der Sony HB-75 ist ein MSX-1-kompatibler Rechner mit typischer Hardware-Ausstattung dieser Norm. Die wichtigsten technischen Daten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

KomponenteSpezifikation
ProzessorZilog Z80A, 8-Bit, Taktfrequenz 3,58 MHz
Arbeitsspeicher64 KB RAM (Hauptspeicher) plus 16 KB Video-RAM
Festwertspeicher (ROM)32 KB Systemspeicher (MSX-BASIC und BIOS) + 16 KB Firmware für Anwendungen
GrafikTexas Instruments TMS9918A Videochip, max. 16 Farben, Auflösung bis 256 × 192 Pixel, bis zu 32 Sprites
SoundGeneral Instrument AY-3-8910 PSG (Programmable Sound Generator) – 3 Tonkanäle, 8 Oktaven
Anschlüsse2 × Modulport (Steckmodule, 50-polig), 2 × Joystick (Atari-Standard), 1 × Parallelport (Centronics-Druckerschnittstelle), 1 × Kassettenrecorder-Anschluss (DIN), Video-Ausgang (Composite und RGB) sowie HF-TV-Ausgang (Antenne) für Bild/Ton.
TastaturSchreibmaschinentastatur (Vollhub) mit 73 Tasten, Layout QWERTY (amerikanischer ASCII-Standard). Separate Cursortasten als Kreuz angeordnet, fünf doppelt belegte Funktionstasten (F1–F5, mit Shift = F6–F10), spezielle MSX-Sondertasten: GRAPH und CODE (für Grafiksymbole/Zeichensatz), STOP (Programmstopp), SELECT, HOME/CLS, INS und DEL.
Abmessungen/GehäuseBreites Desktop-Gehäuse aus Kunststoff (Hit-Bit-Design); internes Netzteil (230 V) integriert. Farbgebung: schwarz/grau mit seitlich abgesetzten grauen Pfeiltasten.

Diese Daten entsprechen dem MSX-1-Standard, sodass der HB-75 technisch mit den meisten MSX-Modellen seiner Zeit übereinstimmt. Auffällig am Sony-Gerät sind die solide verarbeitete Tastatur und das ansprechende Gehäusedesign – zeitgenössische Berichte lobten das „sehr schöne“ Äußere und die qualitativ hochwertigen Tasten. Die voll ausgebauten 64 KB RAM (damit maximaler Speicher für MSX 1) hoben den HB-75 positiv von einfacheren MSX-Einstiegsgeräten ab, die teils nur 16 KB oder 32 KB RAM besaßen.

Sony HitBit 75-P
Sony HitBit 75-P

4. Software und Betriebssysteme

Als MSX-Computer nutzt der HB-75 eine von Microsoft entwickelte Firmware mit MSX-BASIC als integrierte Programmiersprache. MSX-BASIC Version 1.0 ist im 32 KB-ROM gespeichert und steht sofort nach dem Einschalten zur Verfügung. Der BASIC-Dialekt ist umfangreicher als etwa der des Commodore 64 und beherrscht von Haus aus Befehle für Grafik, Sound und Sprites – seinerzeit wurden die Möglichkeiten als überlegen gegenüber anderen 8-Bit-BASICs bezeichnet. Beim Start erscheint zunächst allerdings nicht direkt der BASIC-Prompt, sondern ein einfaches Menüsystem: Sony hat im HB-75 nämlich zusätzliche Anwendungssoftware im ROM untergebracht. Dieses Firmware-Programm (von Sony als „Personal Data Bank“ beworben) bietet sechs Funktionen, die über ein Startmenü auswählbar sind. Dazu gehören ein Adressbuch zur Adress/Telefonnummern-Verwaltung, ein Terminkalender (Schedule) zur Verwaltung von Terminen, ein Notizbuch (Memo) für freie Texteingaben, sowie ein Copy-Tool zum Kopieren/Übertragen von Daten. Daneben gibt es die Optionen „BASIC + Data Cartridge“ und „BASIC“, um entweder ins normale BASIC zu wechseln (mit oder ohne Einbindung eines Datacartridge-Speichermoduls). Wählt der Nutzer keine Option, startet das System standardmäßig in das Menü der Personal Data Bank. Dieses Menü ist grafisch einfach gehalten und per Tastatur (Cursorbewegung und Return-Taste) bedienbar. Die integrierten Anwendungen erlauben es, den Computer ohne externes Speichermedium direkt als Organizer zu verwenden – Adressen und Notizen können direkt eingegeben werden. Damit diese Daten dauerhaft gespeichert werden können, liefert Sony einen speziellen Speichermodul-Cartridge (HBI-55) mit: ein 4 KB SRAM-Modul mit Batterie-Backup, das in den Modulschacht gesteckt wird. Darauf lassen sich die im Adressbuch/Notizbuch eingegebenen Informationen auch nach dem Ausschalten sichern. Alternativ ist es auch möglich, diese Daten per Kassette zu sichern, allerdings ist das HBI-55-Modul die komfortablere Lösung (es wird vom Menü vorausgesetzt – fehlt es, fordert das System zum Einstecken des Moduls auf).

Nach Auswahl der Option „BASIC“ oder durch Drücken der ESC-Taste im Menü gelangt man in die gewohnte MSX-BASIC-Umgebung. Der Bildschirm wechselt dann in den Textmodus (40 Zeichen × 24 Zeilen). In den unteren Bildschirmzeilen werden kontextabhängig Kurzbefehle für die Funktionstasten angezeigt (z. B. „STOP“ für F1, „CONT“ für F2 etc.), was Programmierern als Eingabehilfe dient. Im BASIC-Modus können Programme in BASIC geschrieben oder von externen Medien geladen werden. Der HB-75 ist voll kompatibel zu allen MSX-1 Softwaretiteln. Es existierte in den 1980er-Jahren ein breites Angebot an MSX-Software auf Modul-Cartridges (insbesondere Spiele namhafter Hersteller wie Konami, z. B. die MSX-Versionen von Frogger, Pac-Man, Metal Gear etc.) und auf Kassette/Diskette. Viele populäre Spiele und Anwendungen anderer Heimcomputer wurden für MSX portiert, vor allem von europäischen und amerikanischen Softwarehäusern. Beispielsweise brachte Microsoft für MSX eine Version der Tabellenkalkulation Multiplan heraus, und diverse Textverarbeitungen und Datenbankprogramme waren erhältlich. Speziell in Japan entstanden zudem etliche exklusive MSX-Spiele und -Programme, da MSX dort sehr verbreitet war. Allerdings war in Deutschland die Software-Auswahl zunächst begrenzt – insbesondere Lizenztitel und deutsche Programme waren rar. Mitte 1985 berichtete die Fachpresse aber von langsamem Aufschwung („MSX-Software: Es geht voran“), da mehr Software lokalisiert oder neu veröffentlicht wurde.

Betriebssystem: Ohne Diskettenlaufwerk nutzt der HB-75 kein spezielles Disk-Betriebssystem, sondern bootet direkt ins eingebaute BASIC (bzw. ins Menü). Wird jedoch ein Diskettenlaufwerk nachgerüstet, lässt sich das Microsoft-Betriebssystem MSX-DOS einsetzen. MSX-DOS orientiert sich an MS-DOS und CP/M und ermöglicht Kommandos im Textmodus sowie Ausführung von Maschinensprache-Programmen (insbesondere .COM-Dateien ähnlich CP/M). Da MSX-DOS weitgehend CP/M-kompatibel ist, stehen dem MSX mit Diskettenlaufwerk auch viele der damals üblichen CP/M-Programme (z. B. WordStar, dBase II, Turbo Pascal) prinzipiell offen. In der Praxis war MSX-DOS aber in Deutschland wenig verbreitet, da die meisten HB-75-Geräte ohne Diskettenlaufwerk verkauft wurden.

Sony HitBit 75-P - Einschaltmeldung
Sony HitBit 75-P – Einschaltmeldung

5. Peripherie und Erweiterungen

Sony und andere MSX-Hersteller boten in den 1980er-Jahren ein umfangreiches Sortiment an Zubehör für ihre MSX-Computer an. Einige speziell für den Hit Bit HB-75 (bzw. MSX-Standard) vorgesehene Peripheriegeräte waren:

  • Datassette / Kassettenrekorder: Sony empfahl den hauseigenen „Bitcorder SDC-500“ (siehe Abbildung oben) als Kassettenlaufwerk zum Laden und Speichern von Programmen. Das Gerät arbeitet mit 1200/2400 Baud FSK-Modulation und wird am Tape-Anschluss (DIN-Buchse) des HB-75 betrieben. Kassetten waren das primäre Speichermedium, bevor Diskettenlaufwerke verbreitet waren.
  • Diskettenlaufwerk: Für den HB-75 gab es optional ein externes 3,5″-Diskettenlaufwerk. Sony bot hierfür das Modell HBD-50 (Hit Bit Drive 50) an. Das Laufwerk kam mit eigener Schnittstellenhardware, da der HB-75 ab Werk keine Diskettenschnittstelle besitzt. Es handelte sich um ein einseitiges 3,5″-Diskettenlaufwerk (360 KB) – typisch für frühe MSX-Disketten. Mit angeschlossenem Laufwerk konnte der HB-75 dann MSX-DOS verwenden und Programme deutlich schneller laden als von Kassette. Spätere MSX-Modelle (z. B. Sony HB-501) integrierten solche Laufwerke teils fest.
  • Drucker und Plotter: Ein bemerkenswertes Zubehör war der Sony PRN-C41, ein 4-Farb-Plotter-Drucker (Stiftplotter), der 1984 vorgestellt wurde. Er konnte mit vier farbigen Stiften kleine Grafiken und Texte in Farbe ausgeben – passend zur Idee, Kalender und Adresslisten vom HB-75 farbig zu Papier zu bringen. Dieses Gerät war allerdings teuer (Listenpreis ca. 54.800 ¥, entsprechend ~750 DM) und eher für Profianwender interessant. Daneben gab es konventionellere Drucker: z.B. den Sony PRN-120, einen MSX-kompatiblen 9-Nadeldrucker für Textausgabe (monochrom). Über die Centronics-Schnittstelle des HB-75 ließen sich freilich auch Drucker anderer Hersteller betreiben, sofern sie den Standard unterstützten.
  • Speichermodule: Wie oben erwähnt, gehörte das Memory-Cartridge HBI-55 (4 KB SRAM mit Batterie) quasi zur Ausstattung des HB-75, um die eingebauten Anwendungen nutzen zu können. Darüber hinaus bot Sony RAM-Erweiterungen an, z.B. Module mit 16 KB, 64 KB oder sogar 256 KB (letzteres in Form einer Memory-Mapper-Karte, die allerdings nur mit speziellen Tricks auf MSX 1 nutzbar war). Für den HB-75 selbst war eine RAM-Aufrüstung aber selten nötig, da er bereits mit dem Maximum von 64 KB Haupt-RAM ausgestattet ist.
  • Joysticks und Eingabegeräte: Zum Spielen und für bestimmte Anwendungen konnten zwei Joysticks gleichzeitig angeschlossen werden (Standard-DB9-Ports, kompatibel zum Atari-Standard). Sony hatte verschiedene Modelle im Angebot, u.a. den einfachen Joystick JS-55 (siehe Abbildung) und den größeren JS-70. Besonders fortschrittlich war der Sony JS-75 – ein kabelloser Joystick mit Infrarotübertragung, inklusive Empfängerstation (JS-75C). Außerdem gab es einen MSX-Maus (Sony MOS-1) für grafikorientierte Programme und Gamepads (z. B. Sony JS-33, ein flaches Steuerpad). Diese Eingabegeräte entsprachen weitgehend dem, was auch für andere Heimcomputer verfügbar war, jedoch war die Softwareunterstützung für Maus o. ä. auf MSX 1 begrenzt.
  • Erweiterungskarten: Über den Modulschacht ließen sich neben Spielen auch diverse Erweiterungskarten einstecken. Beispiele sind Modem-Module (Sony HBI-50, ein 300-Baud-Modem für Online-Dienste), Digitizer-Module für Video (Sony HBI-V1) und sogar Synthesizer-Module (andere Hersteller wie Yamaha boten z.B. die SFG-01 Soundkarte an, die auch mit dem HB-75 kompatibel war). Zudem existierten Slot-Expander, um aus einem Modulport zwei zu machen – der HB-75 hat aber bereits zwei Ports, daher war dies eher für MSX mit nur einem Slot relevant.
  • Monitore und sonstiges: Da der HB-75 ein Bildsignal in RGB und Composite ausgeben kann, verkaufte Sony passende Video-Monitore (Trinitron RGB-Monitore) für ein optimales Bild. Alternativ konnte der Rechner über den HF-Ausgang an ein normales Fernsehgerät angeschlossen werden. An zusätzlichen Kabeln gab es etwa spezielle SCART-Kabel, Adapter und anderes Zubehör für die Verbindung zu verschiedenen Displays.

In der Werbung wurden diese Peripheriegeräte teils als komplettes System angeboten – z.B. der Computer zusammen mit Datasette und Joystick für Heimanwender, oder mit Diskettenlaufwerk und Drucker für anspruchsvollere Nutzer. Sony hat mit dem Hit Bit HB-75 also eine plattformorientierte Produktfamilie geschaffen, die von Speicher bis Ausgabe alles aus einer Hand bot. Durch die Standardisierung des MSX-Busses waren aber auch viele Zubehörteile anderer MSX-Hersteller untereinander austauschbar, was den Käufern mehr Auswahl gab. Nichtsdestotrotz blieben einige Sony-Spezialitäten wie der Farbplotter relativ exklusiv.

Sony HitBit-75P - Seriennummer
Sony HitBit-75P – Seriennummer

6. Bedienung und Nutzererfahrung

Die Bedienung des Sony HB-75 gestaltet sich zweigeteilt: Zum einen gibt es die direkte Nutzung der eingebauten Firmware-Anwendungen über das Startmenü, zum anderen den klassischen Weg über den BASIC-Interpreter. Unmittelbar nach dem Einschalten präsentiert der HB-75 (in der japanischen und europäischen Version) einen grafischen Startbildschirm mit Menü. Darin kann der Benutzer mit den Pfeiltasten z.B. „Address“, „Schedule“ oder „Memo“ auswählen, um in die jeweilige Anwendung zu gelangen. Dieses Menü ist intuitiv gehalten – ähnlich einfachen Organizer-Geräten jener Zeit – und richtet sich an Nutzer, die den Computer wie einen elektronischen Terminkalender oder Adressbuch verwenden möchten, ohne Programmierkenntnisse. Die Bedienoberfläche ist einfarbig und textbasiert; Eingaben erfolgen über die Tastatur. Innerhalb der Anwendungen gibt es Menüs für Funktionen wie Neu, Suchen, Löschen etc., die ebenfalls per Cursor und Return ausgewählt werden. Insgesamt wurde diese Firmware als nutzerfreundlich wahrgenommen, da sie den HB-75 zu einem gewissen Grad „einschaltfertig“ für produktive Aufgaben machte – etwas, das bei den meisten anderen Heimcomputern (die direkt ins Basic sprangen) fehlte. Ein Kritikpunkt war allerdings, dass die Menüführung auf Englisch war (Begriffe wie „Address“/„Memo“) – für deutschsprachige Anwender ohne Englischkenntnisse also nicht ganz trivial. Sony legte aber deutschen Handbüchern eine übersetzte Anleitung bei, wie die Anwendungen zu bedienen sind.

Wechselt man in den BASIC-Modus, verhält sich der HB-75 wie ein typischer Heimcomputer dieser Ära. Der MSX-BASIC-Prompt (READY>_) erscheint und der Benutzer kann Befehle eintippen oder Basic-Programme laden/ausführen. Auffällig sind hier einige Komfortfunktionen des MSX-BASIC: So werden am unteren Bildschirmrand ständig die aktuellen Belegungen der Funktionstasten angezeigt (z.B. „F1=HELP, F2=STOP“ etc.), was beim Programmieren hilfreich ist. Die Funktionstasten selbst sind – MSX-üblich – doppelt belegt: F1 bis F5 direkt, und F6 bis F10 über Umschalt+F1..F5. Viele häufig genutzte Befehle lassen sich durch die Funktionstasten direkt einfügen (z.B. LIST, RUN, CONT, STOP). Dies erleichtert die Eingabe gegenüber Systemen, bei denen der Benutzer alles tippen musste. Auch die Editor-Funktionen im BASIC sind komfortabel: Separate Cursortasten erlauben das Bewegen in der Eingabezeile (nicht bei allen 80er-Heimcomputern selbstverständlich), und es gibt eigene Tasten für Einfügen (INS), Löschen (DEL) sowie Home/CLS (zum Löschen des Bildschirms bzw. zum Zeilenanfang springen). Die STOP-Taste erlaubt jederzeit den Abbruch laufender Programme – ähnlich der STOP-Taste beim C64, jedoch als eigene Taste realisiert. All diese Elemente sorgten dafür, dass die Benutzerschnittstelle des MSX als relativ modern und benutzerfreundlich galt.

Die Tastatur des HB-75 selbst wurde – wie schon erwähnt – sehr gelobt. Es handelt sich um eine hochwertige mechanische Tastatur mit 73 Tasten, die sich an der Anordnung einer elektrischen Schreibmaschine orientiert. Der Tastenanschlag ist präzise und alle wichtigen Sondertasten sind vorhanden. Für den deutschen Markt verbaute Sony kein spezielles QWERTZ-Layout; stattdessen kam ein internationales QWERTY-Layout zum Einsatz, bei dem Umlaute mittels Tastenkombinationen eingegeben werden mussten. Die Cursor- und Sondertasten sind hellgrau abgesetzt, was die Orientierung erleichtert (siehe Abbildung in Abschnitt 5). Im Vergleich zu manch anderem MSX (z.B. Philips VG-8010 mit Gummitasten) stellt dies ein Alleinstellungsmerkmal dar. Auch gegenüber dem C64 (dessen Tastatur zwar robust, aber nicht wirklich „schreibmaschinenartig“ war) wirkt die Hit Bit-Tastatur professioneller. In Tests wurde betont, dass längeres Schreiben oder Programmieren auf dem HB-75 angenehmer sei als auf vielen Konkurrenzprodukten.

Die Grafik- und Soundfähigkeiten nutzt der HB-75 über MSX-BASIC recht einfach aus – z.B. können mit Befehlen wie SPRITE, SOUND oder LINE sofort bewegte Grafiken und Töne erzeugt werden. Für den Benutzer bedeutete dies, dass Experimentieren mit Grafik und Musik ohne Assemblerkenntnisse möglich war – ein Vorteil gegenüber Computern wie dem Commodore 64, der für vergleichbare Aufgaben POKE-Befehle oder Maschinencode erforderte. Andererseits stieß das MSX-1-Grafiksystem (256×192 Auflösung, 16 Farben) bei hoher Beanspruchung an Grenzen: Da jeweils nur 2 Farben pro 8-Pixel-Block darstellbar sind (eine Einschränkung des TMS9918A-Chips), traten sogenannte Farbklötzchen auf. Dies merkte man besonders bei Spielen mit hochauflösenden Bildern – die Darstellung war zwar farbiger als z.B. auf einem Spectrum, aber nicht so detailliert wie auf dem C64 mit seinem flexibleren Bitmapmodus. Aus Anwendersicht war die Bildqualität des HB-75 an einem RGB-Monitor jedoch hervorragend scharf (besser als die meisten Heimcomputer, die oft nur FBAS/Composite lieferten). Über den HF-Modulator am Fernseher war das Bild hingegen – wie üblich – etwas unscharf.

Zusammenfassend wurde die Nutzererfahrung mit dem Sony HB-75 von zeitgenössischen Anwendern als überwiegend positiv beschrieben: Die Hardware ist zuverlässig und von hoher Fertigungsqualität (viele Geräte funktionieren auch nach Jahrzehnten noch einwandfrei), die Bedienung im Rahmen des MSX-Standards komfortabel, und Einsteiger konnten sofort Nutzen aus den eingebauten Anwendungen ziehen. Negativ fiel aus deutscher Sicht hauptsächlich das begrenzte Softwareangebot und der geringe Freundeskreis auf – während C64- und Schneider-Besitzer eine große Community und Flut an Programmen hatten, blieb man als MSX-Anwender eher unter Gleichgesinnten in kleiner Runde. Dennoch berichten MSX-Clubmagazine aus den 1980ern von engagierten Nutzern, die die Vorzüge des Systems (leichte BASIC-Programmierung, standardisierte Schnittstellen, robuste Technik) schätzten.

Monkey Academy - MSX-Spiel
Monkey Academy – MSX-Spiel

7. Zeitgenössische Rezensionen, Presse und Werbung

Die Einführung des MSX-Standards – und damit des Sony HB-75 – wurde in der Computerpresse aufmerksam verfolgt. Zeitgenössische Rezensionen hoben oft die Idee des einheitlichen Standards hervor, standen aber skeptisch der späten Markteinführung in Europa gegenüber. In Deutschland berichtete z.B. die Happy Computer ab 1984 regelmäßig über MSX. In der Ausgabe 11/84 wurde der erste in Deutschland erhältliche MSX (Spectravideo SVI-728) getestet und als „gelungener Heimcomputer“ bezeichnet, allerdings mit dem Vorbehalt, dass abzuwarten bleibe, wie viel Software und Unterstützung der Standard erhalten würde.

Als der Sony Hit Bit HB-75 Anfang 1985 in deutschen Redaktionen ankam, waren bereits mehrere MSX-Modelle verfügbar. Anstatt Einzeltests konzentrierte man sich daher auf Vergleichstests: In Happy Computer 9/85 wurden „9 MSX-Computer im Vergleich“ gegenübergestellt (Autor: Heinrich Lenhardt). In diesem Test schnitt der Sony HB-75P sehr gut ab – vor allem dank seiner Vollausstattung mit 64 KB RAM und der qualitativ besten Tastatur im Feld. Gelobt wurde das durchdachte Konzept mit den eingebauten Anwendungen, das Sony damals einzigartig bot. Auch die solide Verarbeitung wurde positiv erwähnt. Schwachpunkte waren laut Test vor allem extern bedingt: die zögerliche Marktentwicklung und das Fehlen eines breiten Softwareangebots in Deutschland. Andere MSX-Modelle (z.B. von Philips oder Toshiba) boten ähnliche Leistungen, so dass sich in der Summe kein eindeutiger „Sieger“ abzeichnete – der Sony HB-75 gehörte aber zur Spitzengruppe der MSX 1-Geräte. Im Fazit merkten die Tester an, dass MSX-Computer technisch zwar mit Commodore 64 und CPC mithalten könnten, aber „ein Computer ist nur so gut wie die Software, die man dafür bekommt“ – und hier lagen C64 & Co. klar vorn.

In der Werbung versuchte Sony, den Hit Bit als innovatives und benutzerfreundliches Home-Computer-System zu positionieren. Anzeigen zeigten oft den Rechner mit angeschlossenen Peripherien (z.B. Datasette, Monitor) im Einsatz als Familiencomputer oder Hobbyisten-Gerät. Schlagworte wie „Der neue Standard“, „Kompatibilität“ und „Komfort“ wurden betont. Eine Anzeige in einem britischen MSX-Magazin Ende 1984 pries den Sony Hit Bit an mit: „It has all the benefits you’d expect from a standard MSX home computer, but with a few added talents.“ – was eindeutig auf die eingebauten ROM-Programme anspielte. In deutschen Magazinen schaltete Sony vergleichsweise wenig eigenständige Werbung; oft wurden die MSX-Modelle in Händlerkatalogen oder Sammelanzeigen präsentiert.

Nutzermeinungen aus der Zeit spiegeln ein gemischtes Bild wider: In Leserbriefen und Klubartikeln lobten Besitzer des HB-75 dessen hohe Qualität und gaben sich zufrieden damit, „etwas Besonderes“ jenseits des Mainstreams zu nutzen. Einige hoben hervor, dass ihre Sony Hit Bit auch nach Jahren intensiver Nutzung noch voll funktionstüchtig waren – ein Beleg für die Verarbeitungsqualität. Frust kam bei manchen auf, wenn es darum ging, aktuelle Spiele oder Anwendungen zu bekommen: Viele populäre Titel erschienen entweder verspätet oder gar nicht für MSX in Deutschland, so dass MSX-Nutzer oft auf Importsoftware (z.B. aus den Niederlanden) auswichen. Einige Zeitschriften (z.B. MSX Revue oder MSX Club Nederland, die in kleiner Auflage auch nach Deutschland gelangten) versuchten, den MSX-Fans mit Tipps, Listings und Tests zu helfen. Insgesamt blieb der Hit Bit HB-75 in Deutschland ein Geheimtipp – von der Fachpresse technisch respektiert, vom Massenmarkt aber weitgehend ignoriert. Aus heutiger Sicht genießt das Gerät einen Platz in der Computergeschichte als ambitionierter Versuch von Sony, im Heimcomputerbereich mitzumischen, und als Teil des MSX-Standards, der weltweit ca. 5 Millionen Mal verkauft wurde, wenn auch davon nur ein kleiner Bruchteil in Deutschland.

Quellen: Die oben zusammengestellten Informationen wurden aus zeitgenössischen Fachmagazinen, Museumsdokumentationen und zuverlässigen Online-Archiven entnommen, u.a. dem Happy Computer-Magazin (Ausgaben 1984–85), dem MSX-Standard-Buch von Dietmar Eirich (Heyne, 1985), dem Online-Computermuseum des IPSJ in Japan sowie Sammlerseiten wie 8-Bit-Nirvana. Diese Quellen bestätigen die technischen Angaben und vermitteln einen authentischen Eindruck der Marktsituation und Wahrnehmung des Sony Hit Bit HB-75 in seiner Zeit.

Links
https://de.wikipedia.org/wiki/Sony_Hit_Bit_HB-75
http://ein-eike.de/2012/09/29/sony-hitbit-hb-75p-1984-bis-1987/
http://www.zock.com/8-Bit/D_HitBit.HTML
http://www.msx.org/forum/msx-talk
http://www.msxcartridgeshop.com/
http://www.raymondmsx.nl/index_eng.html
http://www.v-becker.de/msx/msxarchiv.htm
http://msx.hansotten.com/

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