
Phantom Leap
Autor: HooGames2017
Jahr: 2025
System: Commodore Amiga 500
Bezugsquelle
WIP Version 1.4 DEMO
Mit Phantom Leap liefert HooGames2017 nach Dr. Dangerous den nächsten modernen Plattformer für den klassischen Amiga ab – diesmal sogar als schicke BigBox im Handel. Das farbenfrohe Jump’n’Run erscheint 2025 als kommerzielle Veröffentlichung über APC&TCP / Amigashop und richtet sich an Spieler, die ihren Amiga 500 wieder für „neuen“ Software-Nachschub anwerfen wollen.
Ich habe mir die physische BigBox-Version gegönnt – genau die Art Release, die im Regal neben den Originalen der 90er Jahre überhaupt nicht fehl am Platz wirkt.
Hintergrund: HooGames2017, Scorpion Engine & Amiga-Homebrew
Hinter Phantom Leap steckt HooGames2017, der bereits mit Dr. Dangerous positiv in der Amiga-Szene aufgefallen ist. Das Spiel basiert auf der Scorpion Engine, die sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Werkzeuge für neue Amiga-Spiele entwickelt hat.
Ursprünglich begann Phantom Leap als frei herunterladbare WIP-Version auf itch.io. Mehrere Demos (z. B. Version 1.3 und 1.4) erlaubten früh einen Blick auf Setting, Levelstruktur und Steuerung, während der Entwickler parallel Feedback aus der Community sammelte und regelmäßig nachbesserte – von Level-Tuning über Teleporter-Anpassungen bis hin zur Speicheroptimierung.
Mit der Zeit wuchs das Projekt von einer reinen Demo zu einem vollständigen Spiel, das 2025 – passend zum Amiga-40-Jubiläum – als Collector’s Edition veröffentlicht wurde. Die Boxed-Version wird von APC&TCP vertrieben, während eine digitale Fassung über Amigashop bzw. auf Anfrage bereitgestellt wird.
Technisch zielt Phantom Leap bewusst auf die klassische Basis:
- Commodore Amiga 500 mit 512 KB RAM-Erweiterung (also 1 MB gesamt)
- Kickstart 1.3
- OCS/ECS-Grafik, lauffähig auch auf stärkeren Systemen wie A1200 (Tests berichten von stabiler Performance).

Setting & Stimmung: Kamin im Tiefen Wald
Die Handlung von Phantom Leap ist bewusst schlicht gehalten und dient vor allem als Rahmen für das Jump’n’Run:
Du spielst Kamin, einen kleinen Abenteurer, der sich durch eine uralte Waldwelt schlägt – mit moosbewachsenen Ruinen, Plattformen, Leitern und geheimen Pfaden. Verschiedene Berichte sprechen von einer Mischung aus klassischer Fantasy-Atmosphäre und leicht mysteriöser „Großer Wald“-Stimmung: irgendwo zwischen knuffig und gefährlich.
Eine epische Story oder Zwischensequenzen darf man nicht erwarten – und will das Spiel auch gar nicht bieten. Ein deutscher Spieletest bringt es auf den Punkt: Phantom Leap versucht kein Story-Epos, sondern ein „einfach gutes, flüssiges Jump’n’Run“ zu sein – und konzentriert sich entsprechend auf Leveldesign und Steuerung.
Grafik & Präsentation
Optisch orientiert sich Phantom Leap stark an späten Amiga-500-Titeln – veredelt mit dem, was die Scorpion Engine heute bequem ermöglicht:
- Knackige Pixeloptik mit satten Farben, klaren Konturen und einem sympathischen Comic-Stil.
- Kamin ist ein auffällig gestalteter, kleiner Held mit gut lesbaren Animationen.
- Die Hintergründe setzen auf Waldkulissen, Ruinen, Kisten, Trampoline und Leitern, die ein stimmiges Gesamtbild erzeugen.
- Es gibt kein aufwendiges Parallax-Scrolling, dafür aber ein angenehm ruhiges, sauberes Bild ohne Spriteflackern und Ruckler auf echter Hardware.
Ein klar strukturierter HUD informiert jederzeit über Leben, Energie, gesammelte Münzen, Kills und Punkte – ideal für Highscore-Jäger und für alle, die gerne „noch einen Run“ dranhängen, um ihre Bestleistung zu knacken.
Beim Sound setzt die Vollversion auf Musik und Effekte von Virgill (Jochen Feldkötter), der die fertige Fassung mit einem passenden Chiptune-Soundtrack ausstattet; in WIP-Versionen kam zuvor u. a. Musik von ZEKAVEO zum Einsatz.
Gameplay: klassisches Jump’n’Run mit „Phantom-Sprung“
Im Kern ist Phantom Leap ein klassisches 2D-Jump’n’Run: Du läufst, springst, weichst Gegnern aus, nutzt Leitern und Plattformen und suchst nach Geheimnissen. Das Besondere ist die namensgebende Mechanik: der „Phantom Leap“.
- Der Phantom-Sprung ermöglicht es, Kamin blitzartig höher oder weiter zu katapultieren – über Abgründe hinaus oder hinauf auf höhere Plattformen.
- Kombiniert mit einem präzisen normalen Sprung erzeugt das einen angenehmen Spielfluss, der von verschiedenen Tests immer wieder hervorgehoben wird.
Dazu kommen weitere klassische Elemente:
- Kopfsprünge auf Gegner, um sie zu besiegen.
- Trampoline, Kisten und Leitern, die als Plattform-Elemente dienen.
- Sammelbare Goldmünzen, Puzzleteile und goldene Äpfel, die Punkte bringen, Fortschritt sichern und Bonusinhalte freischalten.
Die Steuerung wird in Reviews als direkt und gut ausbalanciert beschrieben – nicht schwammig, aber auch nicht übernervös. Damit spielt sich Phantom Leap eher wie ein „typischer, sauber gemachter 16-Bit-Plattformer“, der auf präzise Sprünge und rhythmisches Spielgefühl setzt.

Leveldesign & Schwierigkeitsgrad
In der aktuellen Version bietet Phantom Leap mehrere Welten mit verschiedenen Stages (WIP-Berichte sprachen zunächst von fünf Levels, spätere Demos erweiterten das Angebot deutlich, u. a. mit Ausschnitten aus Welt 1 und 2).
Die Resonanz auf das Leveldesign ist differenziert:
- Positiv hervorgehoben werden die übersichtlich aufgebauten Levels, klare Ziele und der flüssige Spielfluss.
- Gleichzeitig bemängeln einige Spieler und mindestens ein Review, dass sich Mechaniken und Gegnerverhalten im Verlauf etwas zu oft wiederholen – mehr Abwechslung in Form zusätzlicher Hindernisse, Gegnerarten oder Spezial-Mechaniken hätte dem Spiel gutgetan.
Frühere Berichte zum WIP-Stand attestierten den ersten Levels einen vergleichsweise moderaten Einstieg, teilweise sogar „zu einfach“. Spätere Anpassungen und die finale Boxed-Version ziehen den Schwierigkeitsgrad spürbar an, ohne dabei unfair zu werden – Zielgruppe sind weiterhin klassische Amiga-Spieler, nicht Hardcore-Masochisten.
Unterm Strich entsteht ein solides Jump’n’Run, das sich gut wegspielt, ohne in Sachen Levelvielfalt und Überraschungsmomenten an absolute Genre-Highlights heranzureichen. Genau so formuliert es auch ein deutschsprachiger Test, der Phantom Leap als „hübsches, grundsolides Jump’n’Run mit charmantem Retro-Feeling“ bezeichnet, dem aber der letzte Funke an Besonderheit fehlt.
Technik & Performance
Dank Scorpion Engine ist Phantom Leap technisch auf einem stabilen Fundament gebaut:
- Läuft auf Amiga 500 mit 1 MB RAM und Kick 1.3, getestet wurden außerdem Konfigurationen bis hin zum A1200 mit Turbokarte, wo das Spiel ebenfalls sauber läuft.
- Sauberes Scrolling, stabile Framerate und keine offensichtlichen Glitches in der finalen Version – WIP-Fassungen litten stellenweise noch unter Abstürzen auf exotischer Hardware (A4000 etc.), was der Entwickler mit späteren Updates adressiert hat.
- Speichern der Highscores ist möglich (auf Diskette muss dazu der Schreibschutz entfernt werden).
Für heutige Verhältnisse ist die technische Seite weniger Spektakel als vielmehr unaufgeregt sauber – genau das, was man sich von einem modernen Amiga-Spiel wünscht, das wirklich auf echter Hardware gespielt werden soll.
Boxed-Edition & Inhalte
Besonders spannend für Sammler – und damit auch für meine Sammlung – ist die Collector’s Box von Phantom Leap:
- Stabiler Sammelkarton im BigBox-Stil, optisch klar an klassische Amiga-Verpackungen angelehnt.
- Enthält eine Diskette mit der Vollversion, ein gedrucktes Handbuch im Retro-Stil und mehrere kleine Extras („Goodies“), die das Paket abrunden.
- Die Boxed-Version wird über Amigashop / APC&TCP vertrieben, der Preis liegt bei rund 29 €, was im aktuellen Homebrew-Segment im unteren bis mittleren Bereich angesiedelt ist.
Parallel dazu existiert eine digitale Version, die über Amigashop bereitgestellt wird; zusätzlich gibt es nach wie vor eine frei downloadbare Demo (WIP) auf itch.io, mit ausgewählten Levels und aktuellem Musik-Set.
Für Sammler wie mich ist klar: Die BigBox-Version ist der eigentliche Star – genau das, was man sich ins Regal stellt, wenn man neben originalen Rainbow-Arts- oder Team-17-Boxen auch moderne Releases sichtbar machen möchte.
Fazit
Phantom Leap ist kein revolutionärer Meilenstein, aber ein sehr liebevoll gemachtes, modernes Jump’n’Run für den klassischen Amiga, das genau das bedient, was viele von uns seit Jahren vermissen:
- Ein neues Spiel, das wirklich auf einem Amiga 500 laufen soll.
- Eine physische BigBox, die sich optisch hinter den Originalen der 90er nicht verstecken muss.
- Ein sympathischer Held, flüssiges Gameplay und ein Soundtrack, der perfekt zu einem gemütlichen Amiga-Abend passt.
Wer absolute Genre-Innovationen erwartet, wird vielleicht nicht komplett abgeholt – dafür ist das Leveldesign stellenweise zu konservativ und wiederholt seine Muster etwas zu häufig. Wer aber auf der Suche nach einem „neuen alten“ Plattformer ist, der sich anfühlt, als wäre er damals knapp an der ASM-Wertungstabelle vorbeigeschrammt, wird mit Phantom Leap viel Spaß haben.
Für mich ist die BigBox-Version ein sehr schönes Stück moderner Amiga-Geschichte, das im Regal des Simbacher Computer Museums bzw. in meiner privaten Sammlung ein dauerhafter Platz bleiben wird.




