
Zooming Secretary
Autor: PCNONOGames
Jahr: 2022
Genre: Plattformer
Rechner: Sinclair ZX Spectrum 48/128 K
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Zooming Secretary – Going Panic! (Sinclair ZX Spectrum)
Mit Zooming Secretary – Going Panic! hat PCNONOGames einen dieser herrlich absurden Homebrew-Titel auf den ZX Spectrum gebracht, die auf dem Papier fast banal klingen – im Spiel aber gnadenlos süchtig machen. Der Büroalltag wird hier zum hektischen Arcade-Feuerwerk, bei dem klingelnde Telefone, überforderte Kolleg:innen und ein stapelweises Aktenchaos aufeinanderprallen. Basis ist der NES-Homebrew von PinWizz & Shiru, veredelt mit Grafik- und Musik-Einflüssen der Mega-Drive-Umsetzung Zooming Secretary: Going Panic! und nun als 48/128K-Version für den Spectrum erhältlich.
Hintergrund: Von NES über Mega Drive zum Spectrum
Die Ursprungsidee stammt aus dem Jahr 2011: Shiru und PinWizz veröffentlichten Zooming Secretary als NES-Homebrew, in dem der alltägliche Bürojob in ein gnadenloses Highscore-Spiel verwandelt wurde. Später folgte Zooming Secretary: Going Panic! als Mega-Drive-Port durch The AfroMonkeys und PlayOnRetro – mit deutlich aufgewerteter Grafik und einem passenden Soundtrack.
PCNONOGames wollte diese „Perle des Homebrew-Arcade-Genres“ nicht ohne Spectrum-Variante lassen und entwickelte auf Basis des Arcade Game Designers (AGD 4.7) eine eigene Umsetzung. Für die ZX-Version wurden Gameplay und Levelstruktur des NES-Originals mit Grafikstil und musikalischen Motiven der Mega-Drive-Fassung kombiniert – ein bewusstes „Best of both worlds“.
Veröffentlicht wurde das Spiel 2021 als Beitrag zur ZX-Dev „Media & Demakes“-Competition – inklusive ausführlichem Manual und Hintergrundinfos.

Story & Grundprinzip: Eine Woche Hölle im Großraumbüro
Die Prämisse ist simpel, aber effektiv:
Du spielst eine junge Sekretärin auf Probe, die für sieben Arbeitstage eine erkrankte Kollegin vertreten muss. Das Büro ist ein einscreeniges Level mit Plattformen, Treppen, mehreren klingelnden Telefonen und Archiven (Aktenschränken).
Der Ablauf:
- Telefone beginnen zufällig zu klingeln.
- Neben dem klingelnden Apparat erscheint ein Icon, das den Typ der benötigten Akte symbolisiert.
- Die entsprechende Akte muss zuerst aus dem passenden Aktenschrank geholt werden.
- Danach sprintest du zum klingelnden Telefon und „lieferst“ die richtige Akte, bevor der Anruf abbricht.
Schaffst du es nicht rechtzeitig, gilt der Anruf als Fehler – nach einigen verpassten Anrufen ist Schluss: Die Sekretärin wird gefeuert und landet sprichwörtlich „auf der Straße“. Planet Sinclair spricht von einer vierten Fehlleistung als Grenze, das Manual von drei nicht beantworteten Anrufen – am Ende läuft es auf nur sehr wenig Fehlertoleranz hinaus.
Mit jedem Tag:
- steigen Anzahl der Telefone,
- die Anruffrequenz nimmt spürbar zu,
- du hast immer weniger Zeit, dich zu orientieren.
Das Ergebnis: Ein klassischer „Skill-Arcader“, bei dem Reaktion, Routenplanung und ein gutes Auge für Bildschirm-Events entscheiden.

Büroalltag als Gegner: Kollegen, Chef & Alptraum-Monster
Damit es nicht bei „nur“ Telefone-jonglieren bleibt, schmeißt dir das Spiel jeden Tag eine andere Nervensäge vor die Füße. Insgesamt gibt es sieben unterschiedliche Gegenspieler, die jeweils an einem Tag der Woche eingeführt werden, plus ein Bonuslevel.
Die wichtigsten „Figuren“ im Büro:
- Tag 1 – Einlernphase
Der erste Tag ist noch relativ entspannt – ideal, um das Grundprinzip zu verinnerlichen. - Tag 2 – Der Chef
Der Chef streunt durchs Büro und quatscht dich an, sobald ihr euch berührt. Das kostet wertvolle Zeit – währenddessen klingeln die Telefone unerbittlich weiter. - Tag 3 – Die „Glotona“
Eine Kollegin, die ununterbrochen isst und so breit ist, dass sie ganze Gänge blockiert. Routenplanung wird hier zur Pflicht: einmal falsch abgebogen, stehst du vor einer lebenden Wand. - Tag 4 – Die Quasselstrippe
Sie hält dich nicht nur auf, sondern ändert auch die Icons an den Aktenschränken. Du denkst, du hast die richtige Akte – und plötzlich passt der Typ nicht mehr zum Telefon. Perfekt, um in Stresssituationen Fehler zu provozieren. - Tag 5 – Der Verehrer
Ein verliebter Kollege, der ständig in deiner Nähe sein will und dadurch dein Tempo drosselt. Er ist weniger blockierend als die Glotona, aber ideal, um dich im letzten Moment vom Telefon fernzuhalten. - Tag 6 – Der Praktikant/Student
Er schleppt Aktenberge von einem Stockwerk zum anderen und wirft dich bei einer Kollision kurzerhand zu Boden – Momentum-Killer inklusive. - Tag 7 – Der „Chulo“ (Cool Guy)
Der Schönling des Büros. Er rennt vor dir weg – schaffst du es, ihn zu küssen, verfällt die Sekretärin in einen Freudentaumel und beantwortet kurzzeitig alle Anrufe automatisch korrekt. Das ist der einzige echte „Power-Up-Moment“ neben dem Kaffee. - Bonuslevel – Alptraum
Nach dem Stress der Woche träumt die Sekretärin von einem Monster, das sie über den Bildschirm jagt, während die Telefone ununterbrochen klingeln. Hier ist das Chaos maximal – eine Art spielbares Burn-out-Bild.
Dazu kommt der Kaffeeautomat: Ein Besuch dort gibt dir einen Speed-Boost, macht die Figur aber auch schwerer kontrollierbar – genau der richtige Trade-off für ein hektisches Arcade-Spiel.
Präsentation: Grafik & Sound im Büro-Wahnsinn
Grafisch setzt PCNONOGames auf einen klaren, funktionalen Stil:
- Die Büroetagen sind als mehrstöckiges Plattform-Gebilde gestaltet, das an klassische Arcade-Plattformer erinnert.
- Telefonsymbole und Akten-Icons sind gut unterscheidbar – wichtig, da du sie unter Zeitdruck sofort erkennen musst.
- Die verschiedenen Kolleg:innen haben eigenständige Sprites und Animationen, die ihre Rolle gut vermitteln: der breite Körper der Glotona, der aktenstapelnde Praktikant, der flüchtende Schönling etc.
Auf 128K kommt eine loopende Musik dazu, die genau das tut, was sie soll: den Stresslevel hochhalten. Zusammen mit den Anruf-Sounds entsteht ein Audio-Mix, der vielleicht kein Ohrwurm ist, aber perfekt zum „Büro-Panik“-Gefühl passt.

Schwierigkeitsgrad & Spielfluss
Zooming Secretary – Going Panic! ist kein Spiel, das man „nebenbei“ durchspielt:
- Die Lernkurve zu Beginn ist moderat, aber schon ab dem dritten Tag wird das Spiel deutlich anspruchsvoller.
- Weil die Fehlergrenze so niedrig ist, bedeutet ein kleiner Patzer oft das Ende des gesamten Laufs.
- Das Zusammenspiel aus Zufall (klingelnde Telefone) und fixen Störmustern der Figuren sorgt dafür, dass man ständig zwischen Reaktion und Planung pendelt.
Wer Spaß an Highscore-Jagd, schnellen Runden und Arcade-Skill hat, kommt hier voll auf seine Kosten. Spieler:innen, die eher auf Story, Erkundung oder Puzzles setzen, werden das Konzept vermutlich nach ein paar Versuchen abhaken – das Spiel ist bewusst eindimensional, aber in dieser Dimension sehr fokussiert.
Positiv:
- tolles, originelles Setting abseits der üblichen Fantasy-/Sci-Fi-Themen
- klar lesbare Optik, gut erkennbare Icons
- starker „Nur noch ein Versuch!“-Faktor
- kleine, aber feine Variation durch die unterschiedlichen Bürogegner
Kritisch:
- teilweise sehr hohes Tempo – gerade auf echter Hardware kann das für manche zu viel sein
- Frustgefahr durch geringe Fehlertoleranz
- auf Dauer relativ einförmige Aufgabenstellung – wer den Loop nicht liebt, bleibt nicht lange dran
Fazit: Stress im Großraumbüro als gelungener Arcade-Trip
Zooming Secretary – Going Panic! ist ein schönes Beispiel dafür, wie eine vermeintlich banale Alltagssituation in ein knackiges, stilvolles Arcade-Spiel verwandelt werden kann. Die ZX-Spectrum-Version trifft den Kern der ursprünglichen Idee sehr gut, verbindet sie mit dem aufpolierten Look der Mega-Drive-Variante und bringt das Ganze in ein schnelles, technisch sauberes 8-Bit-Paket.
Wenn du:
- Arcade-Plattformer mit starker Skill-Komponente magst,
- Freude an Highscore-Runs und kurzen, intensiven Spielsessions hast und
- den typischen „eine Taste zu spät gedrückt“-Frust eher als Motivation siehst,
dann ist Zooming Secretary – Going Panic! für den Spectrum eine klare Empfehlung und ein interessanter Eintrag in die Riege moderner 8-Bit-Homebrews.